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Boreout im Team: Der strategische Ratgeber für Führungskräfte

Schätzungen zufolge sind in Deutschland 6 bis 6,5 Millionen Menschen vom Boreout-Syndrom betroffen. Der wirtschaftliche Schaden? Über 250 Milliarden Euro jährlich.

Und doch wissen viele Führungskräfte, HR-Mitarbeiter und selbst die Betroffenen meist gar nicht, dass Boreout existiert. Die sogenannte „Erschöpfung durch Unterforderung“ wurde bereits im Jahr 2007 durch das Buch „Diagnose Boreout“ von Peter R. Werder und Philippe Rothlin geprägt und durch dieses zu einem Phänomen, das einen Namen hat.

Boreout ist ein Risiko für Produktivität, mentale Gesundheit und Mitarbeiterbindung. Trotzdem spricht keiner darüber. Höchste Zeit also, dass HR-Teams hinschauen und gegensteuern.

In diesem Artikel zeigen wir Ihnen alle Boreout-Symptome und Anzeichen für Führungskräfte sowie Strategien, um der Unterforderung vorzubeugen.

Erschöpfte junge Frau sitzt am Schreibtisch und hält sich mit geschlossenen Augen zwei Finger an die Stirn.

Definition: Was ist das Boreout-Syndrom?

Boreout kommt von englisch „boredom“, zu Deutsch Langeweile – und genau das beschreibt das Boreout-Syndrom: Ein Zustand chronischer Unterforderung im Job, verbunden mit Desinteresse, Sinnleere und innerer Kündigung.

Boreout ist keine medizinisch anerkannte Krankheit wie Burnout, aber ein Phänomen, das immer mehr Arbeitnehmer betrifft. Die Erschöpfung durch Unterforderung.

Von Boreout Betroffene wirken nach außen oft beschäftigt, fühlen sich innerlich jedoch entkoppelt und überflüssig. Aufgrund der Unterforderung im Job, zum Beispiel durch überfüllende oder schlicht zu wenige Aufgaben, geraten Mitarbeiter in einen Zustand der Erschöpfung, der sich negativ auf die mentale und körperliche Gesundheit auswirken kann.

Was ist der Unterschied zwischen Burnout und Boreout?

Die beiden Begriffe Burnout und Boreout können leicht verwechselt werden. Sie beide enden mit einem Gefühl der Erschöpfung – allerdings aus völlig gegenteiligen Gründen.

Was ist Burnout?

Burnout ist eine medizinisch anerkannte Krankheit und bezeichnet „einen Zustand, bei dem der Patient durch andauernden beruflichen Stress derart belastet ist, dass sich ein Zustand physischer und emotionaler Erschöpfung mit deutlich reduzierter Leistungsfähigkeit einstellt.“ (Quelle)

Burnout und Boreout: Die Unterschiede

Die Unterschiede von Burnout und Boreout auf einen Blick:

Burnout

Boreout

Ursachen

Überforderung und Dauerstress

Unterforderung und fehlende Sinnhaftigkeit

Kennzeichen

Viel Arbeit, wenige Pausen

Wenig Arbeit, aber hoher psychischer Druck

Boreout: Ursachen und Symptome

Was sind die Ursachen von Boreout?

Boreout kann sich negativ auf die Psyche und das körperliche Befinden der Betroffenen auswirken. Doch wie kommt es zum Boreout?

Boreout entsteht aus chronischer Unterforderung im Job – und von dieser gibt es zwei Arten:

  • Quantitative Unterforderung: Der Betroffene hat zu wenige Aufgaben und nicht genug zu tun.

  • Qualitative Unterforderung: Der Betroffene hat Aufgaben, diese sind aber sinnlos oder repetitiv oder sie fordern ihn nicht heraus – er ist also überqualifiziert.

Aus beiden Arten der Unterforderung kann ein Boreout hervorgehen.

Symptome: Wie äußert sich ein Boreout?

Da es sich beim Boreout um keine medizinisch anerkannte Krankheit handelt, sind die Symptome nicht fest definiert. Jedoch gibt es einige typische psychische und körperliche Symptome, die auf Boreout hinweisen können.

Psychische Symptome von Boreout

  • Frustration und Unzufriedenheit – bis zu einem Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit

  • Erschöpfung und Antriebslosigkeit

  • Sozialer Rückzug

  • Gereiztheit, innere Unruhe

  • Selbstzweifel und mangelndes Selbstwertgefühl

Körperliche Symptome von Boreout

  • Müdigkeit und Erschöpfung

  • Schlafstörungen

  • Kopf- und Rückenschmerzen

  • Magen-Darm-Beschwerden

  • Appetitlosigkeit

  • Verspannungen

Boreout aus HR-Sicht: Auswirkungen und Strategien für Führungskräfte

Junge HR-Managerin steht in einem Meeting-Raum und hält Blog und Stift in der Hand.Führungskräfte und HR-Mitarbeiter sollten in der Lage sein, die Anzeigen von Boreout in ihren Teams zu erkennen und Maßnahmen zu etablieren, um der Unterforderung vorzubeugen.

So teuer ist Boreout für Unternehmen

Boreout ist ein unternehmerisches Risiko. „Viele, die darunter leiden, kündigen irgendwann innerlich und entwickeln so etwas wie eine resignative Arbeitszufriedenheit“, so benennt Dirk Windemuth, Direktor des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), ein zentrales Problem von Boreout.

Wer innerlich gekündigt hat, bleibt oft zwar physisch im Job, leistet aber kaum produktive Arbeit. Das verursacht verdeckte Kosten: Löhne für ungenutztes Potenzial, Qualitätsverluste, Demotivation im Team.

Der wirtschaftliche Schaden von Boreout in Deutschland liegt schätzungsweise bei über 250 Milliarden Euro jährlich.

Unentdeckter Boreout sorgt außerdem für gefährlichen Stillstand: Wertvolle Mitarbeiter bleiben unter dem Radar, ihre Fähigkeiten werden nicht erkannt oder sie wechseln früher oder später das Unternehmen.

Anzeichen von Boreout erkennen: Diese Mitarbeiter sind besonders gefährdet

Führungskraft zu sein heißt also, genauer hinzusehen. Die Soziologin und Autorin Dr. Elisabeth Prammer hat in ihren Forschungen einige Persönlichkeitsmerkmale identifiziert, die mit einer erhöhten Anfälligkeit für Boreout einhergehen können – genau diese Teammitglieder sollten Führungskräfte besonders im Auge behalten.

Einige Beispiele:

  • Hoher Leistungsanspruch an sich selbst und ausgeprägte Leistungsfähigkeit

  • Starkes Engagement, das leicht in Überforderung kippen kann

  • Klare Werteorientierung

  • Hoher Stellenwert der Work-Life-Balance

  • Offenheit, Kritik zu äußern – auch wenn es unbequem ist

Tipps gegen Boreout für Führungskräfte

Boreout vorbeugen: 4 strukturelle Strategien

Um Boreout zu verhindern ist es wichtig, chronische Unterforderung und Langeweile im Job erst gar nicht entstehen zu lassen.

Auf Managementebene gibt es einige Strategien, die dabei helfen:

  • Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen: Mitarbeiter, die sich entwickeln können, verspüren Sinn und Perspektive. Zudem können sie auf diese Weise Qualifikationen erwerben, um neue, anspruchsvollere Aufgabenfelder zu erschließen.

  • Betriebliche Krankenversicherung (bKV) mit Schwerpunkt auf mentale Gesundheit: Durch eine bKV mit einem Zugang zu mentalen Gesundheitsangeboten schaffen Unternehmen für ihre Mitarbeiter einen großen Hebel. Durch Psychotherapie, Coachings oder Präventionsmaßnahmen kann die bKV ein Boreout nicht nur abmildern, sondern auch verhindern. Hier finden Sie alle wichtigen Infos zur bKV für Arbeitgeber.

  • Flexible Arbeitszeitmodelle: Flexible Arbeitszeiten geben Mitarbeitern mehr Autonomie im Arbeitsalltag. Sie können Pausen einlegen, wenn sie sie wirklich brauchen, und ihre Produktivitätsphasen besser nutzen. Das beugt dem Gefühl vor, bloß „Zeit absitzen“ zu müssen, und schafft mehr Sinn und Eigenverantwortung im Job.

  • Projektbasiertes Arbeiten: Feste Rollen können schnell in Routine erstarren. Projektarbeit, auch abteilungsübergreifend, bringt neue Impulse und fordert die Mitarbeiter heraus.

Sofort umsetzbar: 6 Quick Wins gegen Boreout im Alltag

Doch auch, wenn strukturelle Veränderungen nicht so schnell möglich ist und Führungskräfte selbst aktiv werden möchten, gibt es einige Strategien, um Boreout vorzubeugen.

Diese 6 Hebel brauchen weder Budget noch Top-Down-Mandat und wirken direkt im Teamalltag:

  • Regelmäßige Mitarbeitergespräche: Nicht nur Rückblick, sondern Ausblick. „Was fordert dich?“, „Was bremst dich aus?“, „Welche Aufgaben willst du mal ausprobieren?“ – diese Fragen müssen Führungskräfte stellen.

  • Job Enrichment: Auch weniger erfahrene Mitarbeiter dürfen Verantwortung übernehmen – etwa bei kleineren Projekten oder Kunden. Das stärkt Selbstwirksamkeit und Motivation.

  • Sichtbare Anerkennung: Lob, das untergeht, motiviert nicht. Wer gute Arbeit leistet oder Eigeninitiative zeigt, sollte (öffentlich) Anerkennung bekommen – z. B. im Team-Meeting oder im Slack-Channel.

  • Mitarbeiter aktiv einbeziehen: Statt Lösungen vorzugeben, häufiger fragen: „Was schlägst du vor?“ oder „Wie würdest du das angehen?“ – das aktiviert Eigenverantwortung.

  • Aufgaben-Audit: Gemeinsam Aufgaben durchgehen: Was ist sinnvoll, was ist Füllstoff? Was könnte entfallen oder anders verteilt werden? Nur so wird klar, welche Aufgaben überflüssig oder wenig sinnstiftend sind.

  • „Challenge me“-Slot im 1:1: Ein fester Punkt im monatlichen Einzelgespräch, bei dem Mitarbeiter formulieren dürfen, was sie herausfordert und worauf sie Lust haben.

Checkliste: Erkennen Sie Boreout im Team?

Damit Sie Boreout in Ihrem Team leichter erkennen können, haben wir eine Checkliste vorbereitet.

Denken Sie beim Lesen an eine konkrete Person im Team, die Ihnen Sorgen bereitet oder bei der Sie in letzter Zeit Veränderungen wahrgenommen haben. Treffen mehrere der folgenden Aussagen zu? Dann könnte Boreout ein Thema sein.

  • Rückzug: Zieht sich die Person in Meetings oder im Team zunehmend zurück?

  • Desinteresse: Wirkt sie häufig desinteressiert oder innerlich abwesend?

  • Keine Initiative: Vermeidet sie es, sich freiwillig bei Projekten zu beteiligen?

  • Dienst nach Vorschrift: Erledigt sie Aufgaben korrekt, aber ohne erkennbares Engagement?

  • Keine Ideen: Bringt sie kaum oder keine eigenen Verbesserungsvorschläge ein?

  • Kein Entwicklungswunsch: Äußert sie keine Wünsche zur Weiterentwicklung oder Weiterbildung?

  • Verlangsamtes Arbeitstempo: Arbeitet sie auffällig langsam – ohne ersichtlichen Grund?

  • Häufige Fehlzeiten: Fehlt sie überdurchschnittlich häufig oder regelmäßig kurzfristig?

  • Antriebslosigkeit: Wirkt sie oft müde, gereizt oder ohne Motivation?

Sollten 3 oder mehr Punkte zutreffen, dann ist es Zeit für ein vertrauliches Gespräch – am besten in persönlicher Atmosphäre, in der sich der Betroffene wohlfühlt und keine beruflichen Konsequenzen zu befürchten hat.

Das Wichtigste auf einen Blick

Boreout betrifft Millionen Menschen in Deutschland und kostet die Wirtschaft jährlich Hunderte Milliarden Euro. Trotzdem wird das Thema häufig ignoriert oder unterschätzt, denn Unterforderung gilt fälschlicherweise als „Luxusproblem“.

Dabei ist Boreout genauso ernst zu nehmen wie Burnout: Er erschöpft mental und körperlich, mindert die Leistungsfähigkeit und gefährdet die Bindung wertvoller Mitarbeiter.

Für Unternehmen bedeutet das: verborgene Kosten und verschenktes Potenzial. Umso wichtiger ist es, dass HR und Führungskräfte sensibel sind für die Symptome, präventiv handeln und aktiv gegensteuern – durch regelmäßige Gespräche, individuelle Förderung und eine Unternehmenskultur, die Entwicklung ermöglicht.

Auch unterstützende Benefits wie eine betriebliche Krankenversicherung (bKV) mit Fokus auf mentale Gesundheit können ein wirksamer Baustein zur Prävention sein.

FAQs: Alle Fragen zu Boreout

Boreout beschreibt einen Zustand chronischer Unterforderung im Job, der zu Langeweile, Sinnverlust und dem Gefühl, überflüssig zu sein, führt. Betroffene wirken oft beschäftigt, sind es aber nicht wirklich.

Ja, denn Boreout kann auf Dauer zu psychischen und körperlichen Beschwerden führen, bis hin zu Depressionen oder langfristigem Arbeitsausfall.

Boreout entsteht durch quantitative oder qualitative Unterforderung: Entweder ist zu wenig zu tun oder die Aufgaben ergeben inhaltlich wenig Sinn, sind unterfordernd oder monoton. Wer dauerhaft das Gefühl hat, nichts beizutragen oder seine Fähigkeiten nicht nutzen zu können, verliert Motivation und zieht sich zurück.

Für Mitarbeiter: Gespräche mit Vorgesetzten, gezielte Aufgabenanpassung, berufliche Entwicklung – und im Ernstfall auch psychologische Unterstützung.

Für Unternehmen: Neben strukturellen Maßnahmen wie sinnstiftender Aufgabenverteilung oder Karriereentwicklung helfen auch präventive Angebote – zum Beispiel eine bKV mit Fokus auf mentaler Gesundheit. Auf Teamebene wirken bereits kleine Tools wie regelmäßige Aufgaben-Audits oder feste „Challenge me“-Slots im 1:1-Gespräch.

Nicht unbedingt. Oft hilft ein Aufgabenwechsel, ein neues Projekt oder die klare Ansprache der Situation. Wenn sich jedoch langfristig nichts ändert, kann ein Jobwechsel sinnvoll sein, um der eigenen Gesundheit einen Gefallen zu tun.

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