Boreout im Team? Wie Führungskräfte Unterforderung erkennen und vorbeugen
Inhalt
Schätzungen zufolge sind in Deutschland über 6 Millionen Menschen vom Boreout-Syndrom betroffen. Das Phänomen ist ein Risiko für Produktivität, mentale Gesundheit und Mitarbeiterbindung – und der wirtschaftliche Schaden liegt bei über 250 Milliarden Euro pro Jahr!
Dennoch wissen viele Führungskräfte, HR-Mitarbeiter und selbst die Betroffenen meist gar nicht, dass Boreout existiert. Deshalb zeigen wir Ihnen in diesem Artikel Ursachen, Symptome und Strategien für Führungskräfte, um dem Phänomen vorzubeugen – mit kostenloser Warzeichen-Checkliste und Gesprächsleitfaden zum Download!
Definition: Was ist das Boreout-Syndrom?
Das Boreout-Syndrom beschreibt einen Zustand der Erschöpfung durch Unterforderung im Job, verbunden mit Desinteresse und Langeweile. Boreout ist keine medizinisch anerkannte Krankheit, aber ein Phänomen, das immer mehr Arbeitnehmer betrifft: Schätzungsweise sind 6 Millionen Beschäftige in Deutschland von Boreout betroffen – das ist jeder 7. Mitarbeiter!
„Der Begriff Boreout besteht aus den beiden englischen Wörtern „bore“ - Langweiler - und „out“ - außen. Die Kombination beider Wörter ergibt so etwas wie ein Ausgelangweilt-Sein. Demnach ist ein vom Boreout betroffener Arbeitnehmer gewissermaßen ein Ausgelangweilter. [...] Die Langeweile wird dermaßen unerträglich, dass sich für den Betroffenen neue, viel schlimmere Dimensionen auftun.“ (P. Rothlin und P. R. Werder, „Diagnose Boreout“)
Betroffene wirken nach außen häufig beschäftigt, während sie sich innerlich entkoppelt und überflüssig fühlen. Denn dauerhafte Unterforderung führt zu Langeweile – nur kann sich kein Arbeitnehmer erlauben, diese offen zu zeigen. Also wird Aktionismus gespielt. Dieser Schein von Beschäftigung macht Boreout so schwer erkennbar. Gleichzeitig rutschen die Mitarbeiter immer tiefer in einen Zustand der Erschöpfung, der ihre mentale und körperliche Gesundheit belastet.
Damit Führungskräfte Boreout früh erkennen und richtig ansprechen können, haben wir praktischen Leitfaden entwickelt – mit Warnzeichen-Checkliste und Gesprächsleitfaden. Mehr dazu hier!
Was ist der Unterschied zwischen Burnout und Boreout?
Die beiden Begriffe Burnout und Boreout können leicht verwechselt werden. Sie beide enden mit einem Gefühl der Erschöpfung – allerdings aus völlig gegenteiligen Gründen.
Was ist Burnout?
Burnout ist eine medizinisch anerkannte Krankheit und bezeichnet „einen Zustand, bei dem der Patient durch andauernden beruflichen Stress derart belastet ist, dass sich ein Zustand physischer und emotionaler Erschöpfung mit deutlich reduzierter Leistungsfähigkeit einstellt.“ (Quelle)
Burnout vs. Boreout: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Burnout und Boreout unterscheiden sich in ihren Ursachen und den Kennzeichen fundamental voneinander:
Burnout | Boreout | |
Ursachen | Überforderung und Dauerstress | Unterforderung und fehlende Sinnhaftigkeit |
Kennzeichen | Viel Arbeit, wenige Pausen | Wenig Arbeit, aber hoher psychischer Druck |
Trotzdem stehen beide Phänomene eng miteinander in Verbindung. Die Symptome von Burnout und Boreout ähneln sich stark, und häufig zeigt sich noch ein weiteres Muster: In Teams arbeiten immer einige Mitarbeiter mehr, als sie müssten, ziehen Aufgaben an sich und überlasten sich dadurch – es droht ein Burnout. Gleichzeitig bleibt für ihre Kollegen immer weniger zu tun. Diese gleiten dann in den Boreout. Weil sie versuchen nach außen dennoch beschäftigt zu wirken, bekommen sie weiterhin wenig Arbeit, während die Überlasteten noch mehr tragen müssen. So entsteht ein Kreislauf, in dem sich Burnout und Boreout gegenseitig verstärken.
Ursachen: Wie kommt es zum Boreout?
Boreout besteht aus den Elementen Unterforderung, Desinteresse und Langeweile. Dabei startet das Problem stets mit der chronischen Unterforderung im Job – und von dieser gibt es zwei Arten:
Quantitative Unterforderung: Der Betroffene hat zu wenige Aufgaben und nicht genug zu tun.
Qualitative Unterforderung: Der Betroffene hat Aufgaben, diese sind aber sinnlos oder repetitiv oder sie fordern ihn nicht heraus – er ist also überqualifiziert.
Aus beiden Arten der Unterforderung kann ein Boreout hervorgehen.
Übrigens: Boreout kann auch entstehen, wenn ein Job tatsächlich „Bullshit“ ist. Ja, richtig gelesen! Es gibt 5 Arten von „Bullshit-Jobs“ – das sind Berufe, die eigentlich völlig sinnlos sind, und trotzdem ausgeführt werden. Das kann schnell zu qualitativer Unterforderung und damit Boreout führen.
So teuer ist Boreout für Unternehmen
Boreout ist ein unternehmerisches Risiko:
„Viele, die [unter Boreout] leiden, kündigen irgendwann innerlich und entwickeln so etwas wie eine resignative Arbeitszufriedenheit.“ (Dirk Windemuth, Direktor DGUV)
Wer innerlich gekündigt hat, bleibt oft zwar physisch im Job, leistet aber kaum produktive Arbeit. Hier ist auch das Phänomen „Quiet Quitting“ wichtig, das eine Form der stillen Kündigung beschreibt – mehr dazu hier.
Die Auswirkungen eines Boroeut verursachen verdeckte Kosten: Löhne für ungenutztes Potenzial, Qualitätsverluste, Demotivation im Team. Bei schätzungsweise 6 Millionen Betroffenen in Deutschland ist es kein Wunder, dass der jährliche wirtschaftliche Schaden von Boreout hierzulande bei über 250 Milliarden Euro liegt.
Um das zu vermeiden, zeigen wir Ihnen jetzt, wie Sie Boreout im Team erkennen, ansprechen und mit gezielten Maßnahmen vorbeugen können!
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Checkliste: Wie Führungskräfte ein Boreout erkennen können
Boreout zeigt sich selten offen. Betroffene erleben die innere Erschöpfung, doch wirken nach außen oft beschäftigt und unauffällig. Genau deshalb übersehen Führungskräfte Boreout leicht. Entscheidend ist zu verstehen, wie sich das Boreout-Syndrom für Betroffene anfühlt und welche Warnzeichen im Arbeitsverhalten sichtbar werden.
Symptome: Wie äußert sich ein Boreout?
Da es sich beim Boreout um keine medizinisch anerkannte Krankheit handelt, sind die Symptome nicht fest definiert. Jedoch gibt es einige typische psychische und körperliche Symptome, die auf Boreout hinweisen können:
Psychische Symptome | Körperliche Symptome |
|
|
Diese Symptome bleiben für Führungskräfte häufig unsichtbar. Betroffene zeigen sie selten – sie versuchen stattdessen, beschäftigt zu wirken, Aufgaben zu strecken und Aktivität zu simulieren. Für Führungskräfte sind daher nicht die inneren Symptome entscheidend, sondern die äußeren Warnzeichen, die im Teamverhalten sichtbar werden.
Checkliste und Gesprächsleitfaden: Boreout im Team frühzeitig erkennen
Damit Sie Boreout im Team zuverlässig einschätzen können, haben wir einen kompakten Leitfaden entwickelt. Darin finden Sie:
Eine Warnzeichen-Checkliste, mit der Sie überprüfen können, ob das Verhalten eines Mitarbeiters auf Boreout hinweist.
Ein Gesprächsleitfaden für Personalgespräche, wenn Sie Boreout vermuten.
Gefährdete Mitarbeiter: Wir zeigen Ihnen, welche Ihrer Mitarbeiter aufgrund bestimmter Persönlichkeitsprofile besonders gefährdet sind – basierend auf den wissenschaftlichen Forschungsarbeiten von Soziologin Dr. Elisabeth Prammer.
Laden Sie den Leitfaden einfach kostenlos herunter!
Leitfaden: Boreout im Team erkennen und verhindern
Boreout kostet die Wirtschaft 250 Mrd. Euro pro Jahr. Unser Leitfaden zeigt Ihnen, wie Sie chronische Unterforderung vermeiden – mit Warnzeichen-Checkliste und praktischem Gesprächsleitfaden!
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10 Boreout-Strategien für Führungskräfte
Sie vermuten Boreout im Team oder haben mit unserer Checkliste Ihren Verdacht bestätigt? Dann wird es Zeit, konkret zu werden: Was können Sie tun, um Boreout nachhaltig zu verhindern – auf struktureller und alltäglicher Ebene?
4 strukturelle Maßnahmen
Um Boreout vorzubeugen, sollte Unterforderung und Leerlauf gar nicht erst entstehen. Das gelingt vor allem über strukturelle Rahmenbedingungen, die Sinn, Entwicklung und Abwechslung ermöglichen. Diese Hebel sind dabei besonders wirksam:
1. Fort- und Weiterbildung fördern
Mitarbeiter, die sich entwickeln können, verspüren Sinn und Perspektive. Zudem können sie auf diese Weise Qualifikationen erwerben, um neue, anspruchsvollere Aufgabenfelder zu erschließen.
2. Mentale Gesundheit stärken
Eine betriebliche Krankenversicherung mit Zugang zu mentalen Gesundheitsangeboten schafft einen großen Hebel, der nachhaltig die Atmosphäre im Team verändert. Psychotherapie, Coaching und Präventionsprogramme helfen, Boreout früh abzufedern oder ganz zu vermeiden – das Investment lohnt sich also.
3. Flexible Arbeitszeitmodelle
Flexible Modelle geben Mitarbeitern mehr Kontrolle über ihren Arbeitsalltag. Pausen, wenn der Kopf voll ist, und Arbeiten in produktiven Phasen verhindern das Gefühl, Zeit absitzen zu müssen. Autonomie schafft Sinn und reduziert Boreout-Risiken deutlich.
4. Projektbasiertes Arbeiten
Feste Rollen können schnell in Routine erstarren. Projektarbeit, auch abteilungsübergreifend, bringt neue Impulse und fordert die Mitarbeiter heraus.
Sofort umsetzbar: 6 Quick Wins für den Alltag
Auch wenn sich Strukturen nicht von heute auf morgen ändern lassen, können Führungskräfte viel bewegen. Diese 6 Ansätze kosten kein Budget, wirken aber direkt im Team:
Strukturierte Personalgespräche: Regelmäßige 1:1s sollten die aktuelle Situation mit einbeziehen. Entscheidend sind Fragen wie: „Was fordert dich?“, „Wo hast du Leerlauf“, „Welche Aufgaben willst du ausprobieren?“ So werden Unterforderung schnell sichtbar und Führungskräfte können etwas unternehmen.
Verantwortung erhöhen: Job Enrichment stärkt kurzfristig die Selbstwirksamkeit und reduziert Leerlauf.. Auch weniger erfahrene Mitarbeiter können kleinere Projekte oder Kundenanliegen übernehmen.
Anerkennung sichtbar machen: Gute Arbeit geht im Alltag schnell unter, deshalb sollte Lob bewusst sichtbar werden, z. B. im Teammeeting oder Slack-Channel. Wertschätzung ist ein starker Boreout-Puffer.
Mitarbeiter aktiv einbeziehen: Statt Lösungen vorzugeben, häufiger fragen: „Was schlägst du vor?“ oder „Wie würdest du das angehen?“ Das aktiviert Eigenverantwortung.
Aufgaben gemeinsam schärfen: Gemeinsam Aufgaben durchgehen: Was ist sinnvoll? Was ist füllt nur Zeit? Was könnte entfallen oder anders verteilt werden? Nur so wird klar, welche Aufgaben vielleicht überflüssig sind.
„Challenge me“-Slot im Monatsgespräch: Ein fester Punkt im monatlichen Einzelgespräch, bei dem Mitarbeiter formulieren dürfen, was sie herausfordert und worauf sie Lust haben.
Das Wichtigste auf einen Blick
Schätzungsweise 6 Millionen Menschen sind in Deutschland vom Boreout-Syndrom betroffen. Für die Wirtschaft entstehen dadurch jedes Jahr Kosten von über 250 Mrd. Euro.
Boreout entsteht durch qualitative oder quantitative Unterforderung, die wiederum zu Desinteresse und Langeweile führt.
Für die Betroffenen wird das Phänomen mit der Zeit zu einer Belastung für die körperliche und mentale Gesundheit. Gleichzeitig versuchen sie, ihre Langeweile nach außen zu kaschieren. Genau das macht es für Führungskräfte so herausfordernd, Boreout frühzeitig zu erkennen.
HR und Führungskräfte müssen deshalb sensibel auf das Verhalten ihrer Mitarbeiter achten. Unsere Warnzeichen-Checkliste unterstützt Sie dabei – und mit dem Gesprächsleitfaden können Sie das Thema im nächsten Schritt sicher und wertschätzend ansprechen.
Strategische Maßnahmen wie regelmäßige Personalgespräche, individuelle Förderung und unterstützende Benefits wie eine betriebliche Krankenversicherung (bKV) mit Fokus auf mentale Gesundheit können ein wirksamer Baustein zur langfristigen Prävention sein.