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Die 5 Bullshit-Job-Typen und wie Führungskräfte sie vermeiden

Unsere Arbeitswelt ist voll von Jobs, die eigentlich niemand braucht – mit dieser These prägte der Anthropologe David Graeber den Begriff der Bullshit-Jobs. Damit beschrieb er Tätigkeiten, die so sinnlos sind, dass selbst die Ausführenden sie nicht rechtfertigen können.

In diesem Artikel werden wir einen Blick auf Graebers Theorie, liefern Einblicke in empirische Forschung, zeigen die gesundheitlichen Folgen sinnloser Tätigkeiten und geben klare Impulse für Führungskräfte, um Bullshit-Jobs zu vermeiden.

Junge Frau trägt leere Ordner.

Was sind Bullshit-Jobs?

David Graeber war ein US-amerikanischer Anthropologe, der an der „London School of Economics and Political Science“ lehrte und anarchistische Positionen vertrat. 2018 veröffentlichte er das Buch „Bullshit Jobs. Vom wahren Sinn der Arbeit“ und löste durch seine Ansichten zum Thema Bullshit-Jobs zahlreiche Debatten aus.

Definition: Bullshit-Job

In seinem Buch definierte Graeber den Bullshit-Job so:

„Ein Bullshit-Job ist eine Form der bezahlten Anstellung, die so vollkommen sinnlos, unnötig oder gefährlich ist, dass selbst derjenige, der sie ausführt, ihre Existenz nicht rechtfertigen kann – obwohl er sich im Rahmen der Beschäftigungsbedingungen verpflichtet fühlt, so zu tun, als sei dies nicht der Fall.“

Wann ist eine Tätigkeit Bullshit?

Ob eine Tätigkeit ein Bullshit-Job, also ein Job ohne Sinn, ist, entscheiden dabei immer diejenigen, die ihn ausführen. Denn sinnlose Arbeit lässt sich nicht objektiv messen, weil sie sich dem klassischen Leistungs- oder Produktivitätsbegriff entzieht.

Graeber zufolge entscheidet daher die gesammelte Meinung derer, die die Tätigkeit ausführen oder in der Branche arbeiten, ob die Arbeit Bullshit ist oder nicht.

Der Unterschied zwischen Fake Work und Bullshit-Jobs

In der aktuellen Arbeitswelt macht ein neuer Begriff zunehmend die Runde: Fake Work. Gemeint sind Tätigkeiten, die zwar Zeit und Ressourcen fressen, aber keinen echten Mehrwert liefern. Zum Beispiel Präsentationen, die nie gehalten werden, Meetings ohne Ergebnis, Dokumentationen, die nur fürs Archiv entstehen.

Das Phänomen klingt ähnlich zu den Bullshit-Jobs, unterscheidet sich aber in einem zentralen Punkt. Fake Work bezeichnet einzelne Aufgaben und Tätigkeiten, die keinen echten Mehrwert liefern, aber dennoch erledigt werden. Bei den Bullshit-Jobs handelt es sich um ganze Stellen, deren Existenz keinen Sinn ergibt.

Diese 5 Bullshit-Jobs gibt es

Wenngleich sich die Frage, was ein sinnloser Job ist, eben nicht pauschal beantworten lässt, definierte Graeber in seinem Buch 5 Typen von Bullshit-Jobs – nach zahlreichen Gesprächen mit Menschen aus den unterschiedlichsten Branchen. Sie alle eint, dass sie keinen erkennbaren gesellschaftlichen Nutzen stiften und trotzdem ganze Karrieren füllen.

Diese Typen der Bullshit-Jobs gibt es – mit konkreten Beispielen:

1. Lakaien

Lakaien sind nur dafür da, dass andere sich wichtig fühlen. Ihre Tätigkeit hat keinen echten Zweck, außer Status zu symbolisieren.

Beispiele: Pförtner, Concierges, Rezeptionisten (In Kontexten, in denen sie objektiv nicht gebraucht werden, etwa weil das Telefon nur einmal am Tag klingelt.)

2. Schläger

Schläger-Jobs existieren nur, weil andere sie ebenfalls ausführen. Außerdem hat ihre Aufgabe immer ein aggressives oder manipulierendes Element.

Beispiele: Streitkräfte (wenn keiner eine Armee hätte, bräuchte sie auch keiner), PR-Berater, Callcenter

3. Flickschuster

Flickschuster beheben Symptome von Problemen, die es bei sauberer Planung gar nicht geben müsste. Sie korrigieren Fehler, ohne deren Ursache zu beseitigen, meist, weil andere ihre Arbeit schlecht erledigt haben.

Beispiele: Entwickler, die permanent fehlerhaften Code reparieren oder Mitarbeiter, die die Inkompetenz ihrer Vorgesetzten ausbügeln.

4. Kästchenkreuzer

Kästchenkreuzer sind mit der Dokumentation von Arbeit beschäftigt, ohne dabei selbst etwas Wertschöpfendes zu leisten. Ihr Output: Berichte, Prozesse, Protokolle.

Beispiel: Gemeindeangestellte, die nur Papier produzieren, das niemand liest.

5. Aufgabenverteiler

Diese Angestellte, meist Vorgesetzte, kreieren und verteilen sinnlose Aufgaben und schaffen damit neue Bullshit-Jobs. Es gibt zwei Typen:

  • Typ 1: Teilt Aufgaben zu, die auch ohne ihn erledigt werden würden.

  • Typ 2: Erfindet neue, unnötige Tätigkeiten – und schafft damit weitere Bullshit-Jobs.

Beispiele: Mittleres Management, strategische Rollen an Hochschulen

Jobs mit Sinn: Warum ist das so wichtig?

Sinn in der eigenen Arbeit zu erleben hat starke Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Diverse Studien zeigen: Wer seine Tätigkeit als sinnvoll erlebt, ist engagierter, fühlt sich wohler und bleibt gesünder.

Andersherum gilt: Eine sinnlose Tätigkeit, also Arbeit ohne erkennbaren Mehrwert, kann psychisch und physisch krank machen. In diesem Zusammenhang ist auch Boreout ein wichtiges Stichwort – hier gibt es weitere Infos für Führungskräfte.

Weniger Krankheitstage durch mehr Sinn im Beruf

Auch für Arbeitgeber und Führungskräfte ergibt sich daraus ein klarer Auftrag: Sie sollten keine sinnlosen Jobs erschaffen und für Sinn in der Arbeit der Mitarbeiter zu sorgen.

Denn: Beschäftigte, die ihren Job als sehr sinnvoll wahrnehmen, fehlen im Schnitt 10 Tage weniger pro Jahr als Kollegen, die sehr wenig Sinn in ihrer Tätigkeit erleben. Das belegt eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Sinnlosigkeit macht unglücklich

David Graeber führte für seine Forschung zahlreiche Interviews mit Menschen, die sich in einem sinnlosen Job wiederfanden und nahm die psychische Belastung dahinter wahr. In einem Interview aus dem Jahr 2018 sagte er:

„One of the things that’s very important […] is how miserable people are. […] In theory, you’re getting something for nothing, you’re sitting here being paid to do almost nothing, in many cases. But it just breaks people down.“

Obwohl sich Menschen, die einem Bullshit-Job nachgehen, schlecht fühlen, schämen sie sich in vielen Fällen sogar genau für dieses Gefühl – immerhin verdienen sie viel Geld für das Nichtstun. Darüber könne man sich doch gar nicht beschweren, oder?

Graeber schlussfolgerte: „People want to contribute to the world in some way.

Sinnlose Arbeit macht also wirklich krank. Menschen möchten etwas Positives beitragen, statt überflüssige To Do’s abzuhaken.

Was die Forschung über Bullshit-Jobs zeigt

Graeber verfolgte die These, dass unsere Arbeitswelt zunehmend von sinnlosen Jobs überflutet wird. Das führte zu verschiedenen Untersuchungen, die zeigten, dass das Phänomen der Bullshit-Jobs doch nicht so viele Menschen betrifft wie angenommen.

Eine Studie aus dem Jahr 2021 warf einen differenzierten Blick auf das Phänomen. Die zentrale Erkenntnis: Die meisten Menschen empfinden ihre Arbeit nicht als Bullshit.

Die Untersuchung europäischer Arbeitsmarktdaten zeigte, dass nur ein relativ kleiner Teil der Arbeitnehmer seine Tätigkeit als sinnlose Arbeit einstufte – deutlich weniger, als Graeber vermutete.

Was aber erklärt das Gefühl von Sinnlosigkeit? Die Antwort der Forscher: In den meisten Fällen liegt es nicht an der Tätigkeit selbst, sondern an Entfremdung. Also an einem Mangel an Autonomie, Anerkennung oder Einfluss. Wer das Gefühl hat, dass seine Arbeit nichts bewirkt, nicht gesehen oder nicht wertgeschätzt wird, empfindet sie eher als leer. Auch wenn sie objektiv sinnvoll ist.

Zudem zeigt sich: Viele vermeintliche „Bullshit-Jobs“ – etwa in Verwaltung, Compliance oder Kommunikation – erfüllen oft wichtige Funktionen im Betrieb. Nur wird ihre Relevanz gesellschaftlich (oder im Unternehmen) nicht immer ausreichend kommuniziert oder anerkannt.

Nicht jede „sinnlose Tätigkeit“ ist also ein echter Bullshit-Job. Und nicht jeder, der sich nutzlos fühlt, hat einen nutzlosen Job.

Das sollten Führungskräfte aus dem Phänomen der Bullshit-Jobs lernen

Auch, wenn das Phänomen der Bullshit-Jobs nicht so groß ist wie von Graeber angenommen, bleibt die unbequeme Wahrheit für Führungskräfte: Sie können (unbewusst) Mitverursacher von Bullshit-Jobs sein.

Viele Rollen entstehen nicht aus Notwendigkeit

Wer eine neue Stelle schafft, sollte sich eine zentrale Frage stellen: „Was trägt diese Rolle konkret zur Wertschöpfung bei?

Viele Bullshit-Jobs entstehen nicht aus böser Absicht, sondern aus einem Reflex wie "Wir brauchen jemanden, der das Projekt koordiniert." oder "Wir sollten da jemanden dransetzen, der das dokumentiert." So entstehen Jobs, die in Wahrheit keine Probleme lösen, sondern alte verwalten, oder Arbeit um der Arbeit willen erzeugen.

Wer führen will, muss also kritisch reflektieren, welche Jobs er schafft und warum.

Führungskräfte müssen Verantwortung übernehmen

Bullshit-Jobs entstehen selten aus böser Absicht, aber oft aus fehlender Klarheit. Genau deshalb tragen Führungskräfte eine besondere Verantwortung: Sie entscheiden mit jeder neuen Stelle, ob sinnvolle Arbeit entsteht oder nicht.

Diese drei Fragen sollten Führungskräfte sich daher regelmäßig stellen:

  • Brauchen wir diese Rolle wirklich? Stellen Sie sich vor jeder Ausschreibung ganz konkret die Frage: „Was soll diese Position zum Unternehmenserfolg beitragen? Und was würde passieren, wenn wir sie gar nicht besetzen?“ Eine ehrliche Reflexion hilft, unnötige Stellen von Anfang an zu vermeiden.

  • Werden neue Rollen sinnvoll gestaltet? Beziehen Sie das Team aktiv in die Entwicklung neuer Stellenprofile ein. Mitarbeiter wissen oft genau, wo es wirklich Bedarf gibt und wo Aufgaben nur auf dem Papier entstehen.

  • Ist der Job klar verständlich? Ein Titel wie „Projektmanager Workplace Transformation“ klingt wichtig – aber was genau tut diese Person? Wenn nicht einmal das Team klar sagen kann, worin der Nutzen einer Rolle liegt, braucht es Nachschärfung. Sinnvolle Jobs machen ihren Wert sichtbar.

Sinnvolle Arbeit beginnt mit bewussten Entscheidungen. Wer als Führungskraft Verantwortung für Jobprofile übernimmt, schafft Klarheit, vermeidet sinnlose Tätigkeiten und fördert eine gesunde, motivierte Arbeitskultur.

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit den Bullshit-Jobs definierte David Graeber Tätigkeiten, die selbst die Ausführenden als sinnlos empfinden, und sie aufgrund ihres Arbeitsvertrages dennoch täglich erledigen.

  • Eine umfassende Studie zeigt, dass die meisten ihre Arbeit nicht als sinnlos empfinden. Wenn doch, liegt es oft an fehlender Anerkennung, Autonomie oder Einfluss, und nicht an der Tätigkeit selbst.

  • Sinnlose Arbeit macht krank. Wer seine Arbeit als sinnvoll erlebt, ist messbar gesünder, motivierter und produktiver.

  • Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle: Sie sollten kritisch prüfen, welche Stellen sie schaffen und ob diese echte Probleme lösen.

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