4-Tage-Woche im Faktencheck: Modelle, Vorteile und gesundheitliche Effekte
Die 4-Tage-Woche ist eines der meistdiskutierten Arbeitszeitmodelle unserer Zeit. Doch während sich der Großteil der Mitarbeiter die 4-Tage-Woche wünschen, wird sie nur von wenigen Arbeitgebern umgesetzt. Studien und Pilotprojekte aus Deutschland und der ganzen Welt zeigen: Die 4-Tage-Woche kann funktionieren. Aber nicht jedes Modell ist gleich effektiv.
Dieser Artikel erklärt die Modelle der 4-Tage-Woche, zeigt Vorteile und Nachteile und stellt dar, warum sie so eine zentrale Rolle für die Mitarbeitergesundheit spielen kann.
Was ist die 4-Tage-Woche?
Die 4-Tage-Woche ist ein modernes Arbeitszeitmodell, das in den letzten Jahren stetig diskutiert wird. Hierbei verteilen Vollzeitmitarbeiter ihre Wochenarbeitszeit auf vier statt fünf Arbeitstage bei gleicher Gesamtarbeitszeit oder mit reduzierten Stunden.
In der Praxis gibt es zwei Varianten: Die komprimierte 4-Tage-Woche (gleich viele Stunden in weniger Tagen) und die verkürzte 4-Tage-Woche (weniger Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich). Beide Konzepte sollen Produktivität steigern und gleichzeitig Belastung reduzieren.
Modelle: Wie viele Stunden arbeitet man bei der 4-Tage-Woche?
Die 4-Tage-Woche kann von Unternehmen auf zwei Arten umgesetzt werden: entweder bleiben die Wochenstunden gleich und werden auf vier Tage verteilt oder die Arbeitszeit wird tatsächlich reduziert.
Modell 1: Gleiche Wochenstunden, weniger Tage
Beim ersten 4-Tage-Woche-Modell bleibt die Wochenarbeitszeit unverändert bei 40 Stunden für Vollzeitmitarbeiter. Diese Stunden werden aber auf nur vier Tage verteilt. Das führt zu 10-Stunden-Tagen, während der fünfte Tag frei bleibt. Dieses Modell wirkt sich nicht auf das Gehalt aus.
Modell 2: Weniger Wochenstunden – mit oder ohne Lohnausgleich
Beim zweiten, mitarbeiterfreundlicheren Modell der 4-Tage-Woche sinkt die tatsächliche Arbeitszeit. Häufig wird dieses Modell über das 100-80-100-Prinzip umgesetzt: 100 % Gehalt für 80 % der Arbeitszeit bei 100 % Zielerreichung. Es entspricht also einer 32-Stunden-Woche mit gleichbleibender Arbeitslast und daher auch gleichbleibendem Gehalt – aber die verfügbare Zeit wird knapper.
In vielen Unternehmen geht die Stundenreduktion jedoch mit einer entsprechenden Gehaltsanpassung einher.
4-Tage-Woche: Vorteile und Nachteile
Die 4-Tage-Woche kann viele positive Effekte haben – bringt aber je nach Modell auch Herausforderungen mit sich.
Was sind die Vorteile der 4-Tage-Woche?
Je nach Umsetzung profitieren Mitarbeiter, Unternehmen und sogar die Umwelt:
Gesundheit: Weniger Stress führt zu mehr Erholung und weniger Fehlzeiten
Produktivität: Höhere Leistung pro Stunde durch klarere Fokussierung
Zeitgewinn: Mehr Zeit für Familie, Hobbys und Regeneration
Engagement: Mehr Raum für Ehrenamt und gesellschaftliche Projekte
Umwelt: Weniger Pendelwege und geringere Emissionen
Employer Branding: Attraktiver für Bewerber, stärkere Bindung
Was sind die Nachteile der 4-Tage-Woche?
Der 4-Tage-Woche stehen aber auch Nachteile gegenüber – weshalb sie in der Praxis auch nicht flächendeckend umgesetzt wird. So befürchten Personalverantwortliche laut IW-Analyse, dass sie mit einer 4-Tage-Woche insgesamt mehr Personal benötigen würden, was sich auch in steigenden Personalkosten widerspiegeln würde. Die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter würde steigen und einige nennen auch sinkende Umsätze.
Die möglichen Risiken auf einen Blick:
Mehrbelastung: Risiko für Überstunden, vor allem bei Arbeitszeitreduktion
Organisation: Abstimmung, Erreichbarkeit und Abläufe werden komplexer
Kosten: Mehr Personal oder Umverteilung kann teuer werden
Produktivität: Mögliche Einbußen, wenn Prozesse nicht angepasst werden
Einschränkungen: In Branchen mit 5-Tage-Erreichbarkeit schwer umzusetzen
Wie kann die 4-Tage-Woche funktionieren?
Ob die 4-Tage-Woche gelingt, hängt fast vollständig vom gewählten Modell und der Umsetzung ab. Viele Nachteile entstehen nicht durch das Konzept selbst, sondern durch komprimierte Arbeitstage, fehlende Prozessanpassungen oder eine unklare Aufgabenverteilung.
Gut funktioniert die 4-Tage-Woche vor allem dann, wenn die wöchentliche Arbeitszeit reduziert wird und Teams klare Prioritäten, Routinen und Vertretungsregelungen haben. In solchen Modellen sinkt die Belastung spürbar. Dort zeigt sich auch der größte Vorteil: positive Effekte auf die Mitarbeitergesundheit.
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So wirkt sich die 4-Tage-Woche auf die Mitarbeitergesundheit aus
Die 4-Tage-Woche wird nicht ohne Grund weltweit getestet: In fast allen Pilotprojekten zeigt sich eine deutliche Verbesserung der Mitarbeitergesundheit. Genau das ist ein immer wichtiger werdendes Thema für Arbeitgeber, denn die Belastung steigt.
Der Krankenstand in Deutschland ist in den letzten Jahren gestiegen. Im Jahr 2024 war jeder Deutsche 19,1 Tage arbeitsunfähig, im Vergleich zu 14,8 im Jahr 2014, so der TK-Gesundheitsreport. Gleichzeitig steigen Fehltage durch psychische Erkrankungen kontinuierlich, und auch Burnout wird zu einem immer größeren Problem.
Wer langfristig produktive, gesunde Teams möchte, kommt um die Frage der Arbeitsbelastung nicht mehr herum – und genau hier setzt die 4-Tage-Woche an.
Im größten deutschen Pilotprojekt der 4-Tage-Woche von Intraprenör berichteten die Teilnehmer von einer verbesserten psychischen Gesundheit, was u. a. mit dem Stresslevel zusammenhängen könnte. Denn: Die Einführung dieses Arbeitsmodells reduzierte den arbeitsbedingten Stress signifikant.
So sank sowohl der individuell wahrgenommene Arbeitsstress als auch die durch Fitnesstracker aufgezeichneten täglichen Stressminuten deutlich. Die stärksten Unterschiede in den Stressminuten waren freitags, samstags und sonntags zu sehen – das zeigt, dass sich die positiven Auswirkungen bis ins Wochenende zogen. (Hinweis: Am Freitag hatten die meisten Mitarbeiter ihren freien Tag.)
Ähnliche Ergebnisse zeigten internationale 4-Tage-Woche-Projekte:
Irland: weniger Ermüdung und verbesserter Gesundheitszustand
Großbritannien: deutliche Verbesserung der mentalen und körperlichen Gesundheit
Australien, Neuseeland, Kanada, USA: starker Rückgang von Burnout-Risiken und Stress
Südafrika: deutliche Reduktion von Stress und Burnout-Anzeichen
Portugal: bessere geistige und körperliche Gesundheit
Menschen bewegen sich mehr, wenn sie mehr Zeit und Energie haben. Das zeigte die deutsche Pilotstudie deutlich:
Weniger Teilnehmer, die gar keinen Sport trieben
Höhere Schrittzahlen, besonders ab dem freien Freitag
Steigende Trainingsfrequenzen
Die Teilnehmer der 4-Tage-Woche waren im Schnitt 24 Minuten pro Woche aktiver als die Kontrollgruppe.
Eine Studie des Universitätsklinikums Erlangen zeigt, was das für einen Unterschied machen kann: Schon 28 Minuten effizientes Intervall-Ausdauertraining pro Woche verbesserten bei stark adipösen Beschäftigten sowohl den systolischen Blutdruck als auch die Herz-Kreislauf-Leistung spürbar!
Schlaf ist einer der stärksten Gesundheitsindikatoren überhaupt. Im deutschen Pilotprojekt zur 4-Tage-Woche schliefen die Teilnehmer durchschnittlich 38 Minuten länger pro Woche als die Kontrollgruppe, fühlten sich ausgeruhter und kamen besser durch ihren Arbeitstag.
Kurzfristig zeigte die deutsche Pilotstudie noch keine deutlich sinkenden Krankheitstage. Die Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass Unternehmen bei konsequenter Entlastung mit weniger Burnout, stabilerer psychischer Gesundheit und weniger Überlastungsreaktionen rechnen können. Das kann langfristig zu weniger Fehltagen führen– die Daten zeigen zumindest klare Frühindikatoren dafür.
4-Tage-Woche: Realität in Deutschland und weltweit
Die 4-Tage-Woche begeistert viele Beschäftigte. In der Praxis ist sie aber noch selten Realität. Der Blick auf Deutschland und die Welt zeigt, wie groß die Lücke zwischen Wunsch und Umsetzung ist.
8 von 10 wünschen sich die 4-Tage-Woche
Die Nachfrage ist unstrittig: 81 % der Vollzeitbeschäftigten möchten die 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitreduktion, das zeigt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Der Hintergrund: mehr Zeit für Familie und Erholung. Nur 8 % würden die 4-Tage-Woche auch mit weniger Gehalt wählen.
Deutschland: Die 4-Tage-Woche bleibt selten
In deutschen Unternehmen ist die 4-Tage-Woche noch lange nicht Realität (Stand 2024):
11 % der Unternehmen bieten eine 4-Tage-Woche an – nur ein Zehntel davon bei Stundenreduktion mit vollem Lohn, das zeigt eine ifo-Personalleiterbefragung.
Während sich 36 % der Personalverantwortlichen des IW zufolge (noch) gar nicht mit der 4-Tage-Woche beschäftigt hatten, wird sie von 46 % abgelehnt. Wenn sie eingeführt wird, dann am häufigsten in kleinen Unternehmen und Handwerksbetrieben.
In lediglich 0,12 % der Online-Stellenausschreibungen tauchte das Modell auf, das zeigt eine Analyse. Am häufigsten wurde es bei Engpass-Berufen aufgeführt.
Global: Pilotprojekte mit positiven Ergebnissen
International zeigt sich, dass auf der ganzen Welt umfangreiche Pilotprojekte die Umsetzung der 4-Tage-Woche testen und sie in Teilen schon fest verankert ist. Einige Beispiele:
Island: Das Land gilt als Pionier der 4-Tage-Woche. Hier wurde das Arbeitszeitmodell schon vor Jahren großflächig getestet und ist längst etabliert.
Großbritannien: Hier gab es den weltweit größten Pilotversuch. Rund 11 % der Beschäftigten arbeiten inzwischen in der 4-Tage-Woche.
Portugal: Sehr positive Ergebnisse aus aktuellem Pilotprojekt sichtbar.
USA, Südafrika und Neuseeland: Zahlreiche Programme mit ähnlichen Ergebnissen und einer stabilen oder verbesserten Produktivität.
Wie wird weltweit gearbeitet?
Nicht überall geht der Trend aber zur Arbeitszeitverkürzung. In Mexiko, Costa Rica und Kolumbien sind Arbeitswochen von bis zu 48 Stunden keine Seltenheit. Und im Tech-Sektor einiger US-Startups entsteht mit „996“ ein Gegenpol: Arbeiten von 9 bis 21 Uhr an 6 Tagen pro Woche. Das Modell kommt ursprünglich aus China und ist dort verboten. In den USA wird es aktuell aber immer beliebter. Immer mehr Startups kommunizieren das sogar ganz offen, wie z. B. Rilla in seinen Stellenanzeigen. Dort steht: „Please don't join if you're not excited about working ~70 hrs/week.“
So beliebt die 4-Tage-Woche also ist, wir sind noch weit davon entfernt, dass sie global zu einem alltäglichen Modell wird.
Das Wichtigste in Kürze
Für die 4-Tage-Woche gibt es zwei Modelle: eine Umverteilung von 40 Stunden auf 4 Tage oder eine echt Arbeitszeitreduktion mit oder ohne Lohnausgleich.
Vorteile wie bessere Gesundheit, höhere Produktivität und mehr Zufriedenheit entstehen vor allem bei reduzierter Wochenarbeitszeit.
Risiken können durch schlechte Umsetzung, zu hohe Arbeitslast, fehlende Prozesse und unklare Prioritäten entstehen, während einige Berufe und Branchen weniger gut als andere geeignet sind.
Internationale Studien und deutsche Pilotprojekte zeigen deutliche Verbesserungen der Mitarbeitergesundheit in den Bereichen Stress, Schlaf, Bewegung und mentale Gesundheit.
Trotz hoher Beliebtheit bleibt die 4-Tage-Woche in Deutschland selten – viele Unternehmen scheuen Kosten, Aufwand oder organisatorische Hürden.
Angesichts steigender Fehlzeiten und psychischer Belastungen ist das Modell ein relevanter Ansatz, um Gesundheit und Leistungsfähigkeit langfristig zu stärken.